Firma "R. Burger & Co." Berlin


Im Alter von 28 Jahren, im Jahr 1894, gründete Reinhold Burger in Berlin, in der Novalisstraße 6, seine erste Firma unter dem Namen "R. Burger". Bald darauf holte er seinen Freund Albert Aschenbrenner aus Glashütte als Teilhaber ins Boot, was 1904 zur Umbenennung der Firma in „R. Burger & Co.“ führte. 1897 erfolgte der Umzug des Unternehmens in ein bis heute bestehendes Fabrikgebäude in der Chausseestraße 2e. Durch die Neuzuweisung von Hausnummern änderte sich die Adresse 1908 in „Chausseestraße 8“.

Registrierung der Fa. R. Burger & Co. 1894
Registrierung der Fa. R. Burger & Co. 1894

1894 Registrierung der Fa. R. Burger mit dem Vermerk, dass wenige Tage später sein späterer Compagnon Albert Aschenbrenner als Teilhaber in die Firma eingestiegen ist

Der erste umfangreiche Angebots- und Preiskatalog von Reinhold Burgers Firma (siehe unten) umfasste eine breite Palette von chemischen, physikalischen und meteorologischen Glasinstrumenten. Im Laufe der Zeit folgten verschiedene weitere Kataloge. Bei starker Auftragslage waren bis zu 40 Mitarbeiter mit der Umsetzung der Bestellungen beschäftigt. Burger war ab 1894 ein Pionier in der Entwicklung von verbesserten, doppel- bis vierwandigen Glasgefäßen in zylindrischer und kugelförmiger Gestalt zur Aufbewahrung verflüssigter Gase. Ab Januar 1896 widmete er sich zudem als einer der Ersten der Entwicklung von Röntgenröhren.


Erster Angebots- und Preiskatalog von der Firma "R. Burger“ 1894


Rechnung Fa. R. Burger von 1901
Rechnung der Fa. R. Burger von 1901

Rechnung aus der Chaussee Str. 2e von 1901


Eingetragene Schutzmarke der Firma "R. Burger & Co." seit dem 13. Mai 1905 unter der Nr. 78889

Schon in der Gründerzeit, genau wie heute, war ein hoher Wiedererkennungswert für Unternehmen essenziell, da viele Firmen entstanden und um die Aufmerksamkeit der Kunden wetteiferten. Während Warenhäuser und andere Geschäfte sich durch markante Namen, Symbole oder andere Kennzeichen hervorhoben, die bis heute bekannt sind, entschied sich Reinhold Burger für eine kreative Herangehensweise. Er leitete aus seinem Nachnamen das Bild einer Burg ab und ließ dieses als Markenzeichen für seine Glasprodukte schützen. Dieses markante Symbol findet sich fortan auf allen Katalogen und weiteren Publikationen seiner Firma.

Fa. R. Burger & Co. ; Eingetragenes Warenzeichen;  die Burg steht für seine hergestellten  Glasprodukte
Fa. "R. Burger & Co.". Die Burg als steht als Warenzeichen für seine hergestellten Glasprodukte
Warenzeichen für seine hergestellten Glasprodukte -  die Burg von BURGer hergeleitet
Warenzeichen für seine hergestellten Glasprodukte - die Burg von BURGer hergeleitet

Aus einem Katalog der Internationalen Ausstellung in Mailand von 1906 geht hervor, dass Reinhold Burgers Firma zu diesem Zeitpunkt 20 Mitarbeiter beschäftigte, die Geschäftsräume eine Fläche von 250 Quadratmetern umfassten und der Jahresumsatz zwischen 75.000 und 100.000 Mark lag. In dieser Phase produzierte das Unternehmen eine Vielzahl innovativer Produkte: Apparate zur Konstanthaltung tiefer Temperaturen, Normalthermometer bis -200 Grad Celsius, Glasschwimmer für die Temperaturbestimmung in flüssiger Luft, doppelwandige Glasgefäße zur Aufbewahrung von flüssiger Luft, Röntgenröhren und – bis zur Gründung der Thermos-Gesellschaft – Thermosflaschen für warme und kalte Getränke.


Preisverzeichnis um 1900 für doppelwandige evakuierte Glasgefässe

Fertigung von Röntgenröhren und dem Kalten-Rotlicht-Apparat

Bis zum Ersten und während des Zweiten Weltkriegs, sowie kurz danach, war die Herstellung von Röntgenröhren ein Hauptfertigungsbereich der Firma. Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs und der anschließenden Inflation manifestierten sich in einem deutlichen Auftragsrückgang.

 

In den 1920er und 1930er Jahren widmete sich Reinhold Burger mit großem Engagement der Entwicklung des Kalten-Rotlicht-Apparats „Frigisolair“. In Kooperation mit der Berliner Charité und Ärzten entstand ein medizinisches Gerät, das aufgrund seiner Wellenlänge tief in die Haut eindringen und bei verschiedenen Krankheiten heilend wirken konnte. Dieses Gerät wurde zu einem international gefeierten Verkaufserfolg. Ab Mitte der 1930er Jahre erweiterte er dessen Heilwirkung durch die Integration eines Magnetfeldes, das er in Form einer Spule um die Kalte-Rotlichtlampe anbrachte, was den Bereich der Elektrotherapie einläutete. Die Produktion endete erst nach dem Zweiten Weltkrieg.


Auszug aus der Lieferliste vom Dezember 1909, Fa. R. Burger & Co.
Auszug aus der Lieferliste vom Dezember 1909, Fa. R. Burger & Co.

Auch mit der American Thermos Bottle Co. gingen die Geschäfte weiter. Was geliefert wurde können wir nicht mehr feststellen. Auszug aus den Inventar Aufnahmen von 1909


Lohnliste Fa. R. Burger & Co. Oktober 1910
Lohnliste Fa. R. Burger & Co. Oktober 1910

Auszug aus der Lohnliste der Fa. R. Burger & Co. von einer Woche im Monat Oktober 1910


Lieferung doppelwandiger Gefäße in alle Welt, Auszug von 1913


1923 Reisespesen zur Inflationszeit

Inflation, Spesenrechnung, Fa. R. Burger & Co.
Spesenrechnung in der Inflation 1923 eines Mitarbeiters der Fa. R. Burger & Co.

Spesenrechnung eines Mitarbeiters der Firma im August 1923. Das Geld bestand nur noch aus vielen Nullen!


Produktkatalog für Ausfuhrmindestpreise für chemisches Glasgerät der Fa. R. Burger & Co. von 1925


1927 Umzug der Firma „R. Burger &. Co.“ nach Berlin-Pankow

Firmenschild Fa. R. Burger & Co. in Berlin Pankow
Firmenschild Fa. R. Burger & Co. in Berlin Pankow

Jahrzehnte lang stand in seiner Firma ein Museumsschrank, der 1911 auf der Hygieneausstellung in Dresden seine Exponate ausstellte. Bei einem Luftangriffen 1945 durchschlug ein kleiner Granatsplitter 2 Fensterscheiben, ging dann durch die Scheibe der Vitrine und schlug anschließend in die wohl größte Röntgenröhre der Welt ein. Wie durch ein Wunder ist der Glaskörper nicht komplett zerbrochen. Heute steht der Schrank mit der Röhre im Museumsdorf Glashütte/Baruth.

Nicht zu vergessen: hier ist die erste Thermosflasche erfunden und gefertigt worden, auch das Kalte-Rotlicht Gerät "Frigisolair" für die medizinische Behandlung von Erkrankungen, wie auch ein Zündkerzenprüfgerät für Kraftfahrzeuge. Das Kalte-Rotlicht-Gerät "Frigisolair" fertigte er bis zum Beginn des 2. Weltkrieges. Exportiert wurde es in alle Länder der Welt. Ein weiteres Standbein war die Fertigung und Lieferung von doppelwandigen Gefäßen, die ebenfalls in alle Länder der Welt geliefert wurden.

Aus einer Inventarliste vom März 1926 lesen wir, dass Burger bis kurz vor seinem Umzug nach Berlin Pankow u.a. über 12 Blastische, 8 Glaspumpen mit Quecksilber, 6 Funkeninduktoren usw. verfügte.
1927 zog die Firma in die Wilhelm-Kuhr-Str. in Pankow um. Die Fertigung wurde mit einer stark dezimierten Mannschaft weitergeführt. Die Auftragslage ging drastisch zurück.

 

Bis 1951 leitete er seine Firma, die anschließend von seinen Söhnen Reinhold jr. und Siegmund weitergeführt wurde. In der DDR stellte die Firma weiterhin doppelwandige Hartglas-Dewar-Gefäße für physikalische und chemische Institute her. Auch wurden speziell für Wissenschaftler und Forscher Glasinstrumente und Apparaturen nach ihren Zeichnungen gefertigt. Unter den erschwerten Umständen der Mangelwirtschaft, speziell für kleine Privatbetriebe, war das nicht immer leicht. Der benötigte Sauerstoff zum Erreichen einer hohen Schmelztemperatur bei der Verarbeitung des Glases wurde z. B. von einer naheliegenden Sanitärfirma beschafft. Das Rohglas lieferte der VEB Jenaer Glaswerk, später Kombinat VEB Carl Zeiss Jena.

Riesen Probleme bereitete damals die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas in den achtziger Jahren. Erdgas hat einen 2,3mal so hohen Brennwert als Stadtgas und wurde mit einem höheren Druck in die Leitungen gepumpt. Die Gasanlage musste erneuert und die alten Stadtgasdüsen konnten nicht mehr verwendet werden. Die Fertigung stand monatelang still. Hier half der familiäre Kontakt nach Westberlin.


Gefriertrocknungsanlage-Hochvakuumanlage der Fa. "R. Burger & Co." gefertigt für das Impfstoffinstitut Berlin-Schöneweide 1958/59


Vakuumanlage im Museum Glashütte/Baruth der Fa. "R. Burger & Co." zum Evakuieren von Glasgefäßen (z. B. doppelwandige Gefäße, Röntgenröhren usw.)

Anfänglich wurde die Luft aufwendig mit Quecksilbervakuumpumpen aus den Röntgenröhren und doppelwandigen Gefäßen gepumpt. Später baute er sich eine eigene Evakuierungsanlage. Diese Anlage war zwingend notwendig, um ein hohes Vakuum in seinen Röntgenröhren und doppelwandigen Gefäßen usw. zu erreichen. Ab 1952 konnte mithilfe des sogenannten Fluoreszenz-Vakuoskops (Druckanzeiger) die Güte des Vakuums optisch und kostengünstig ermittelt werden. Prof. Dr. Alexander Burger, ein Sohn von Reinhold Burger sr., entwickelte dazu einen Hochfrequenzvakuumprüfer und das sogenannte Burger-Vakuoskop. Mit Hochfrequenz-vakuumpistolen konnte man Lichterscheinungen auf einer  fluoreszierenden, weißen Schicht (im Vakuum) mit dem Burger-Vakuoskop erzeugen (siehe unteres Foto).  Rot bis violettes Leuchten lassen z. B. auf ein geringes Vakuum schließen. Dieses Vakuoskop -entwickelt am Institut für Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin- ließen sich Siegmund und Reinhold Burger jr. 1955 als Warenzeichen schützen.


Sein Büro in Berlin-Pankow


Thermosflaschen nach den Patenten von R. Burger
Thermosflaschen nach den Patenten von R. Burger
Reinhold Burger; sein Büroraum nach der Restaurierung 2020
Reinhold Burger; sein Büroraum nach der Restaurierung 2020

Seine Glasbläserwerkstatt

Die oberen Fotos zeigen seine Eigenkonstruktion zum Evakuieren (luftleer pumpen) der doppelwandigen Gefäße. Die einzelnen Gefäße wurden an die senkrechten Zapfen (linkes Bild) angeschmolzen, dann wurden die Blechkästen hochgestellt und das Vakuum unter Hitze mit der Anlage erzeugt. 32 Gefäße konnten somit gleichzeitig evakuiert werden. Die Anlage steht heute im Burger-Museum Glashütte.


Siegmund und Reinhold Burger jr. bei der Fertigung eines Dewargefäßes

Siegmund und Reinhold Burger in ihrer Fa. R. Burger & Co. 1986
Siegmund und Reinhold Burger in ihrer Fa. R. Burger & Co. 1986
Reinhold Burger; Museumsvitrine, Rotlichtgerät und Geldschrank, Fa. R. Burger & Co.
Reinhold Burger; Museumsvitrine, Rotlichtgerät und Geldschrank

Museumsvitrine, Geldschrank und Kaltes Rotlichtgerät "Frigisolair"

Reinhold Burger; Schränkchen mit div. Thermometern aus seiner Fertigung
Reinhold Burger; Schränkchen mit div. Thermometern aus seiner Fertigung

Schränkchen mit div. Thermometern aus seiner Fertigung und einem doppelwandigen Gefäß.

Längenteilvorrichtung für Thermometer von 1891 von Reinhold Burger
Längenteilvorrichtung für Thermometer von 1891 von Reinhold Burger

Ohne diese Präzisionsvorrichtung waren Skalen für Thermometer früher nicht herstellbar. Diese teure Vorrichtung nahm Burger 1891 mit in die USA und anschließend wieder zurück, da sich sich sein Traum von der Selbstständigkeit nicht erfüllte.

 

 

 


Einige Produkte aus seiner Glasbläserwerkstatt


Blumenvase,  gefertigt kurz nach dem Kriege in der Fa. R. Burger & Co.
Blumenvase, gefertigt kurz nach dem Kriege in der Fa. R. Burger & Co.

Kurz nach dem Kriege wurde auch Vasen gefertigt!

Reinhold Burger, mundgeblasene Eiszapfen als Weihnachtsbaumschmuck, gefüllt mit Wasser oder Alkohol
Reinhold Burger, mundgeblasene Eiszapfen als Weihnachtsbaumschmuck, gefüllt mit Wasser oder Alkohol

Mundgeblasene Eiszapfen von Reinhold Burger als Weihnachts-baumschmuck, Zapfen wurden mit Wasser oder Alkohol gefüllt